Waldgärten oder Nahrungsmittel-Wälder gibt es schon seit langer Zeit. Viele der indigene Kulturen
praktizieren diese Form der nachhaltigen Landwirtschaft. Es ist eine Form der pflanzlichen
Lebensmittelproduktion mit geringem Pflegeaufwand, welche natürliche Ökosysteme unter
Einbeziehung von Obst- und Nussbäumen, Sträuchern, Kräutern, Kletterpflanzen und mehrjährigem
Gemüse repliziert. Nützliche Pflanzen und begleitende Bepflanzung machen einen grossen Teil des
Waldgartensystems aus.
Anders als ein Grossteil des modernen industriellen Landwirtschaftssystems, welches stark von den
Einflüssen, wie fossile Brennstoffe und künstliche Herbizide, Pestizide und Düngemitteleinsatz
geprägt wird, ist ein Waldgarten – einmal etabliert – selbst regulierenden und sehr reich an Erträgen.
Warum Waldgärten?
Der Wald ist die Heimat von etwa 50 bis 90% aller weltweiten irdischen biologischen Vielfalt (auf dem
Land lebend), einschließlich der Bestäuber und wilder Verwandter von vielen landwirtschaftlichen
Kulturen (Quelle: WWF Living Planet Report 2010)
Tropische Wälder allein enthalten schätzungsweise 10-50 Millionen Arten – über 50% der Arten auf
dem Planeten.
Regenwälder bedecken 2% der Erdoberfläche und 6% der Landmasse, sind jedoch die Heimat von
mehr als der Hälfte der weltweiten Pflanzen- und Tierarten.
Es ist offensichtlich, dass die Wälder selbst gleichbedeutend sind mit dem Leben, der biologischen
Vielfalt und der Fruchtbarkeit. Hier versammelt sich das Leben, komplexe und gegenseitig
vorteilhafte Beziehungen zwischen den Organismen existieren; natürliche harmonische
Gemeinschaften bestehen und Lebensformen vervielfachen sich und breiten sich aus. Wenn die
Wälder das sind, wo sich der grösste Teil des Lebens auf dem Planeten abspielt, dann ist nichts
weniger als ein Walde am besten geeignet für die Erhaltung des Lebens. Das Leben unterstützt das
Leben, aber wir haben vergessen, dass wir in der Tat Teil des Netzes des Lebens selbst sind und von
anderen Leben abhängig, um uns aufrecht zu erhalten.
Leider ist unsere Gesellschaft konditioniert worden, das Land zu beräumen und nicht-nachhaltige
Gebiete zu erschaffen, die eines hohen Aufwandes bedürfen, um erhalten zu werden. Waldgärten
sind ergiebig und können deutlich mehr hervorbringen als die konventionelle Landwirtschaft und die
Monokulturen, die heute einen Grossteil der Industrielandschaft dominieren. Abgesehen davon sind
die ertragreichen Waldgärten reich an biologischer Vielfalt und Leben. Waldgärten können in den
meisten Klimazonen wachsen und gedeihen. Und weil sie die vertikale Richtung einbeziehen sind sie
für vorstädtische und städtische Gebiete sehr geeignet.
Die Schichten eines “Lebensmittelwaldes“
1) Kronendach oder die hohe Baum-Schicht
In der Regel mehr als 9 Meter hoch. Diese Schicht ist für grössere Waldgärten. Laubbäume, grosse
Nussbäume und Stickstoff-fixierende Bäume sind die typischen Bäume in dieser Kategorie. Es gibt
eine Reihe von größeren Fruchtbäumen, die ebenso verwendet werden können, abhängig von den
Spezies, Sorten und den verwendeten Unterlagen.
2) Halb-/Niederstämme oder höhere Strauchschicht
Gewöhnlich 3-9 Meter hoch. In den meisten Waldgärten – oder zumindest in denjenigen mit wenig
Platz – ist diese Pflanze oft die dachbildende Schicht. Der Grossteil der Obstbäume gehört in diesen
Bereich.
3) Strauchschicht
Meist bis zu 3 Meter hoch. Die Mehrheit der früchtetragenden Büsche fällt in diese Schicht. Sie
enthält auch zahlreiche Blüten-, medizinische und andere nützliche Pflanzen.
4) Gemüse- und Krautschicht
Die Pflanzen in dieser Schicht sterben jeden Winter wieder auf dem Boden… falls die Winter kalt
genug sind. Sie produzieren keine holzigen Stiele wie dies die Strauchschicht tut. Viele kulinarische
und medizinische Kräuter sind in dieser Schicht. Ebenso eine Vielzahl von anderen nützlichen
Pflanzen.
5) Rhizome/Humusschicht
Es gibt es einige Überschneidungen zwischen der Krautschicht und der Rhizomschicht; jedoch sind
zahlreiche Pflanzen in dieser Schicht oft Schattentolerant, wachsen viel näher am Boden, wachsen
dicht – um die kahlen Stellen der Erde zu füllen – und können es oftmals auch tolerieren, betreten zu
werden.
6) Bodendecker
Dies sind Wurzelgemüse. Es gibt eine unglaubliche Vielzahl von essbaren Wurzeln, von denen die
meisten Menschen noch nie gehört haben. Viele dieser Pflanzen können in der Krautschicht, die
Kletterpflanzen-Schicht und der Rhizome/Humusschicht genutzt werden.
7) Vertikale Schicht /Kletterpflanzen
Diese kletternden und rankenden Pflanzen gehen über mehrere Schichten, je nachdem wie sie
geleitet werden oder was sie von sich aus beranken. Sie sind eine gute Möglichkeit, mehr
Produktivität auf einem kleinen Raum zu erzielen, doch seid gewarnt. Der Versuch, Trauben in den
20 Meter hohen Walnussbaum wachsen zu lassen…ist, gelinde gesagt interessant bei der Lese der
Früchte.
8) Wasser / Feuchtgebiet-Schicht
Dies ist meine erste neue Ebene im Waldgarten. Einige werden sagen, dass ein Wald nicht im
Wasser wächst, so dass diese Schicht für den Waldgarten ungeeignet ist. Dem stimme ich nicht zu.
Viele Wälder werden von Bächen oder Flüssen durchströmt oder haben Teiche in der Mitte. Es gibt
eine ganze Reihe von Pflanzen, die in Feuchtgebieten oder am Rand des Wassers gedeihen. Es gibt
viele Pflanzen, die nur im Wasser wachsen. Diese grosse Anzahl von Pflanzen zu ignorieren würde
bedeuten, auf viele nützliche Arten, Nahrung, Fasern, Heilmittel, Futtermittel, Tiernahrung und
Lebensraum, Kompost, Biomasse und vielleicht am wichtigsten, Wasserfiltration durch biologische
Sanierung (oder Phytoremediation) zu verzichten. Wir sind gerade dabei, Waldgärten zu gestalten,
die bewusst Wassergebiete integrieren und deswegen ist es Zeit, die Wasser / Feuchtgebiets-Schicht
dem Lexikon hinzuzufügen.
9) Pilz-Schicht
Dies ist meine zweite neue Ebene für die Waldgärten. Pilz-Netzwerke leben in gesunden Böden. Sie
werden auf und sogar innerhalb der Wurzeln der Pflanzen im Waldgarten leben. Dieses unterirdische
Pilz-Netzwerk transportiert Nährstoffe und Feuchtigkeit von einem Bereich des Waldes zum anderen
je nach den Bedürfnissen der Pflanzen. Es ist ein erstaunliches System, das wir gerade erst zu
begreifen beginnen. Da nun mehr und mehr Forschung betrieben wird, wie Myzel zur Bildung und
Aufrechterhaltung der Wälder beiträgt, ist es wirklich wichtig, dass diese Schicht nun in die Liste
aufgenommen wird. Neben der wichtigen Arbeit dieser Schicht trägt sie zur Entwicklung und Pflege
des Waldes bei und bietet von Zeit zu Zeit sogar Pilze, die wir für Nahrung und Medizin nutzen
können. Wenn wir mehr Eigeninitiative zeigen, können wir diese Schicht gezielt pflegen und unsere
Ernte drastisch erhöhen. Dieses Prinzip ist vielen auch als Permakultur bekannt.