Die Schweiz ist durchaus dafür bekannt, auch größere Infrastrukturprojekte schnell umsetzen zu können. So wurden im Rahmen der Neuen Eisenbahn-Alpentransversale Neat gleich drei Tunnel fristgerecht durch die Alpen gebohrt. In Deutschland ist es hingegen bis heute nicht gelungen, den nötigen oberirdischen Anschluss in Richtung Norden fertigzustellen. Nun nimmt die Eidgenossenschaft direkt das nächste gewaltige Projekt in Angriff. So ist geplant ein rund 500 Kilometer langes Netz an unterirdischen Tunneln zu graben. Diese sollen dann einen konstanten Warentransport zwischen verschiedenen Knotenpunkten ermöglichen. Geplant ist allerdings keineswegs, den ohnehin vorhandenen Verkehr einfach unter die Erde zu verlagern. Stattdessen werden spezielle autonom fahrende Elektrofahrzeuge zum Einsatz kommen. Diese können an verschiedenen sogenannten Hubs voll automatisch be- und entladen werden. Anschließend machen sie sich mit einer Geschwindigkeit von dreißig Stundenkilometern auf den Weg zum nächsten Zwischenstopp. Die vergleichsweise geringe Geschwindigkeit wird kompensiert, indem die Fahrzeuge rund um die Uhr und ohne Pause unterwegs sind.
Die Gesamtkosten werden auf über dreißig Milliarden Franken beziffert
Die einzelnen Tunnel werden aktuellen Planungen zufolge aus drei Spuren bestehen. Eine wird in jede Richtung führen, während die dritte Spur flexibel genutzt werden kann. Computergesteuerte Systeme sollen hier dafür sorgen, dass immer ausreichend Spuren für die in Betrieb befindlichen Fahrzeuge zur Verfügung stehen. Es handelt sich also nicht nur in Sachen Infrastruktur um ein ambitioniertes Projekt. Auch die dafür benötigte Software muss höchsten Ansprüchen genügen. Realisiert werden soll das Projekt in mehreren Abschnitten. So ist zunächst eine rund siebzig Kilometer lange Verbindung zwischen Härkingen-Niederbipp und Zürich geplant. Alleine dieser erste Tunnel soll schon rund drei Milliarden Schweizer Franken kosten. Anschließend ist dann geplant, nach und nach weitere Strecken an das System anzubinden. Die Gesamtkosten werden aktuell auf dreißig bis fünfunddreißig Milliarden Franken geschätzt. Bei solchen Projekten ist es allerdings nicht ungewöhnlich, dass die Kosten im Laufe der Zeit ansteigen. So hat auch die Schweiz mit einer steigenden Inflation zu kämpfen – auch wenn diese deutlich niedriger ausfällt als im Rest Europas.
Das ambitionierte Projekt soll rein privat finanziert werden
Interessant ist zudem die Finanzierung des unterirdischen Tunnelsystems für den Warentransport. Denn es handelt sich um ein privat organisiertes Projekt. Beteiligt an den Planungen sind unter anderem die Supermarkt-Betreiber Migros und Coop. Außerdem zahlreiche Unternehmen aus der Logistik- und Baubranche. In einem ersten Schritt haben die Unternehmen eine Aktiengesellschaft namens „Cargo sous terrain“ gegründet. Diese wiederum hat bei den Aktionären zunächst 100 Millionen Schweizer Franken eingesammelt, um die Planung voranzutreiben. Ein wichtiger Schritt konnte nun realisiert werden: Der Schweizer Bundesrat hat die gesetzlichen Grundlagen für die Realisierung des Projekts geschaffen. Hier geht es vor allem um Genehmigungs- und Verhandlungsfragen. Durch die gesetzliche Regelung auf Bundesebene können die meisten Fragen nun zentral geklärt werden. Mühselige Verhandlungen mit einzelnen Ortschaften oder Kantonen sind somit nicht mehr nötig. Die Initiatoren sind daher zuversichtlich bis zum Jahr 2031 tatsächlich das 500 Kilometer lange Netz realisieren zu können.