Schleswig-Holstein startet Mitte des Jahres eine Messkampagne zur Radon-Belastung in Wohnräumen. Für 1000 Familien werden die Geräte kostenlos versendet.
Radon ist ein überall vorkommendes, radioaktives Edelgas, farb-, geruchs- und geschmacklos. Abhängig von der geologischen Beschaffenheit des Bodens und abhängig von der Witterung gelangt es mehr oder weniger stark an die Oberfläche. Normalerweise verteilt es sich in der Luft und ist dann keine Gefahr mehr. Allerdings kann sich Radon durch Risse im Fundament eines Hauses, undichte Kellerwände oder durch Abflüsse in Wohnräumen ansammeln und die Raumluft, vorwiegend in Kellern und Erdgeschossen, regelrecht vergiften.
Polonium, Bismut und Blei in der Lunge
„Die Strahlenexposition durch Radon und dessen Zerfallsprodukte stellt den zweitgrößten Risikofaktor für Lungenkrebs nach dem Rauchen dar“, heißt es von der Radonberatungsstelle des Landes. Grund: Während das Radon wieder ausgeatmet wird, verbleiben seine Zerfallsprodukte, radioaktive Isotope der Elemente Polonium, Bismut und Blei, in der Lunge. Sie zerfallen weiter und schädigen dabei die strahlenempfindlichen Zellen der Lunge.
Ein Radonmessgerät in einem Keller. Es zeigt 49 Becquerel (Bq) an, das heißt, pro Sekunde zerfallen hier 49 Radon-Atome in gefährliche Isotope. Foto: Hendrik Schmidt
Die Landesregierung will nun in den Privaträumen von rund 1000 Familien in Schleswig-Holstein die genaue Radonbelastung ermitteln. Das hat Umweltstaatssekretär Joschka Knuth (Grüne) angekündigt. „Der Start ist für die zweite Jahreshälfte 2025 geplant“, erklärt Christina Lerch, Sprecherin im Umweltministerium.
Messgeräte kommen per Post
Wer sich anmeldet, bekommt vom Land per Post Messgeräte, sogenannte Radonexposimeter, zugeschickt. Lerch: „Zusammen mit einer kurzen Information zu Aufstellung und Handhabung.“ Die Geräte sollen dann für ein Jahr in der Wohnung aufgestellt werden – idealerweise in Kopfhöhe und in Räumen, in denen sich die Bewohner lange aufhalten, wie im Schlaf-, Wohn- oder Kinderzimmer. So bilden die Messergebnisse später die reale Radonbelastung ab.
„Nach einem Jahr werden die Geräte zurückgesendet und ausgewertet“, so Lerch. Aus den Ergebnissen der einzelnen Haushalte würde das Gefährdungspotenzial für Schleswig-Holstein ermittelt. In Deutschland beträgt der Durchschnittswert von Radon in einem Kubikmeter Raumluft 60 Becquerel. Im Norden sind aber bereits in Gebäuden vereinzelt Werte von bis zu 8000 Becquerel gemessen worden. Ein Becquerel gibt die Anzahl der Atome an, die pro Sekunde zerfallen.
Möglichst nicht mehr als 300 Becquerel
Deutsche und internationale Studien belegen, dass das Lungenkrebsrisiko pro 100 Becquerel um zehn bis 16 Prozent ansteigt. Laut BfS ist die Zahl der Lungenkrebstoten durch Radon seit 2008 deutschlandweit um 1,3 Prozent gestiegen – auf insgesamt 2800 Fälle pro Jahr, 98 davon in Schleswig-Holstein. Die geltende Strahlenschutzverordnung besagt daher, dass in der Raumluft möglichst nicht mehr als 300 Becquerel enthalten sein sollen. Laut Weltgesundheitsorganisation wäre es für die Gesundheit besser, in dauerhaft genutzten Wohnräumen unter 100 Becquerel zu kommen.
Wenn mit der geplanten Messung auf mindestens 75 Prozent des schleswig-holsteinischen Gebiets der 300er-Schwellenwert in mindestens zehn Prozent der Gebäude überschritten wird, muss das Ministerium sogenannte „Radonvorsorgegebiete“ ausweisen und dort den Schutz erhöhen. Bei der vergangenen Radonmessung im Jahr 2020 wurden diese Kriterien in Schleswig-Holstein nicht erfüllt, weshalb auch für die geplante Messung keine erhöhte Konzentration über weite Flächen erwartet wird.
Schutz durch Lüften oder eine Sperrschicht
Wie BfS-Präsidentin Inge Paulini betont, sei wirksamer Schutz vor hohen Radon-Werten möglich: durch „häufiges, stoßweises Lüften“. Wenn das nicht helfe, müssten Undichtigkeiten wie Risse und Fugen in Boden, Wänden oder Rohrdurchführungen beseitigt werden. Eine radondichte Sperrschicht zwischen Untergrund und Gebäude oder zumindest zwischen Keller und Wohnbereich könne die Radonkonzentration in der Raumluft weiter senken.
Für die Messkampagne in Schleswig-Holstein gibt es aktuell noch keine Anmeldemodalitäten. Ministeriumssprecherin Lerch: „Über die Möglichkeit zur Anmeldung wird in der Presse und in den sozialen Medien informiert.“